Historie

 

Aus der Geschichte der Altgemeinde Keidenzell
von Pfarrer Ludwig Hiller, dem Hauptautor des Heimatbuches von Keidenzell

 

Die Landschaft westlich der Stadt Fürth wird von mehreren Talgründen durchschnitten, die mit ihren Wiesenflächen, den Waldstücken an den Talrändern und den stillen, sauberen Dörfern etwas von der Ursprünglichkeit der Natur und seiner schlichten bäuerlichen Kultur bewahrt haben.
Zu diesen Tälern gehört der Farrnbachgrund. Er wird durchflossen von dem kleinen Rinnsal des Farrnbachs, der in den Weihern bei Kirchfarrnbach entspringt und nachdem er an Keidenzell, Hammerschmiede, Stinzendorf, Gonnersdorf, Rossendorf, Greimersdorf, Hiltmannsdorf und Burgfarrnbach vorübergeflossen ist und dann bei Unterfarrnbach in die Regnitz mündet.

Besonders reizvoll ist die Lage von Keidenzell am nördlichen Rand des Tales mit dem breiten Rücken des Dillenbergs im Hintergrund.

  

Das Bild des Dorfes wird bestimmt durch die breiten Dächer der Scheunen, durch den 29 Meter hohen neuromanischen Kirchturm, der mit seinem Schieferdach in dieser Gegend fast ein wenig wie ein Fremdling wirkt, und durch stattliche Baumgruppen, die sich über die Dächer erheben.
In der Ortschaft selbst finden wir saubere Straßen, gepflegte Höfe, ein stattliches Haus, das ehemals das Bürgermeisteramt und die Lehrerwohnung beherbergte, und schließlich das Gebäude, das die seltene Eigenschaft hat, dass Kirche und Schule unter einem Dach vereinigt waren.

Zu der Altgemeinde Keidenzell gehörten die Dörfer Burggrafenhof, Stinzendorf, Klaushof, Hammerschmiede, den Höfen Wittinghof und Ödenhof.

Der Kreis der Kirchengemeinde deckt sich nicht mit der ehemals politischen Gemeinde.
Keidenzell ist Tochterkirchengemeinde mit eigener Kirchenstiftung, Kirche und Friedhof gehören nur Keidenzell, Hammerschmiede und die Höfe Wittinghof und Ödenhof.
Burggrafenhof und Klaushof gehören zur Pfarrgemeinde Langenzenn, Stinzendorf zu Cadolzburg.

 

Die Entstehung von Keidenzell

Wie über die Gründung der meisten Dörfer so liegen auch über den Ursprung des Ortes Keidenzell keine urkundlichen Nachrichten vor. Das einzige, was uns einen Hinweis über seine Gründung gibt, ist der Ortsname.

Keidenzell unterscheidet sich von Hunderten von Dörfern Frankens, deren Name auf -dorf, -heim, -bach oder -ach endigt, dadurch, dass es mit -zell zusammengesetzt ist. Man spricht von den sogenannten Zell-Orten und weiß, dass sie klösterliche Gründungen sind.
Zell-Orte waren Außenstationen eines Klosters. Hier saß entweder ein Einsiedler, der die Kapelle neben seiner Zelle gottesdienstlich betreute, oder ein Klosterbruder, der dafür sorgte, dass die Einkünfte angenommen und an das Kloster abgeliefert wurden.

 

Der Geschichtsforscher Justizrat Dr. Adolf Bayer in Ansbach hat festgestellt, dass Keidenzell eine Gründung des Benediktinerklosters Herrieden war.
Das Kloster Herrieden wird urkundlich erstmals 797 erwähnt, 888 wird es an das Hochstift Eichstätt gegeben und in ein Chorherrenstift verwandelt.
Wenn Herrieden seine Außenstationen zwischen 797 und 888 errichtete, so wird auch Keidenzell in dieser Zeit gegründet worden sein.

Der Stifter des Klosters Herrieden war der fränkische Graf Cadolt, von dem Cadolzhofen zwischen Ansbach und Rothenburg o.T. seinen Namen hat und der wahrscheinlich auch der Gründer der Cadolzburg war. Graf Cadolt wandte dem Kloster Herrieden weite Teile seines Besitzes zu, so auch Güter am Farrnbach. Diese Besitzungen wurden unter Bischof Erchanbold dem Bistum Eichstätt einverleibt. 903 schenkte König Ludwig das Kind an Eichstätt "Varenbach un Zenna", das sind Kirchfarrnbach und Langenzenn.
Das Kloster Herrieden besaß jenseits des Dillenbergs in Hornsegen ein Klosteramt zur Verwaltung seiner Besitzungen. Dr. Bayer schrieb dazu, dass zu dem alten Klosterbesitz Herrieden, den ihm sein Gründer Cadolt zugewendet hatte, auch Hornsegen bei Cadolzburg gehörte. Zu ebenso früher Zeit wie Tauberzell besaß Herrieden ein Officium, ein Klosteramt, zu Hornsegen zur Verwaltung des dortigen Besitzes.

Es erhebt sich die Frage, was Kloster Herrieden bewogen haben kann, in einer so entfernten Gegend eine Zelle zu errichten.
Die Klöster legten Wert auf Versorgung der Küche mit Fischen. Die Gegend um Keidenzell ist heute noch reich an Fischweihern, und der Farrnbach liefert Krebse und kleine Fische. Im Jahre 1535 gehörte nach dem Langenzenner Salbuch allein zum Wittinghof neun Weiher mit einem Flächeninhalt von 39,5 Morgen. Es ist anzunehmen, dass am Wittinghof schon in vorgeschichtlicher Zeit eine Ansiedlung bestand, da ganz in der Nähe von Wittinghof sich ein vorgeschichtlicher Grabhügel befindet.
Die Zelle des Keidan, so mag der erste Klosterbruder geheißen haben, wurde an einer verkehrmäßig günstigen Stelle angelegt. Hier mündet in den Weg, der am Nordrand des Farrnbaches sich dahinzieht, die alte, von Herzogenaurach und Langenzenn herkommende Straße ein.
So klein die Siedlung auch später geblieben ist, von hier strahlt eine ganze Reihe von Wegen aus: Keidenzell-Langenzenn, Keidenzell-Heinersdorf, Keidenzell-Oberreichenbach, Keidenzell-Hornsegen und Keidenzell-Stinzendorf-Rossendorf.

Zu dem Namen Keidenzell, der im Mittelalter Keydenzell geschrieben wurde, sagte Stadtpfarrer Weigel in seiner Pfarrbeschreibung von 1847: Der Name des Ortes ist vermutlich aus Cajetans-Zelle entstanden, indem Keid, Keidel in der Volkssprache Cajedan ist.

Mit der Anlage der Zelle war freilich noch kein Dorf entstanden.
Als im 9. Jahrhundert rings um Zenna der Wald gerodet wurde und von der Herrschaft Bauern in kleinen Dörfern angesiedelt wurden, mag neben der Zelle die bäuerliche Siedlung entstanden sein.

Keidenzell wird zum erstenmal um 1370 namentlich in dem Urbar (=Bestandsaufnahme von Grundstücken samt den darauf ruhenden oder lastenden Abgaben und Leistungen) des Burggrafentums Nürnberg erwähnt.

 

Geschichte des Druidensteins am Dillenberg

Oberhalb von Stinzendorf am Rand des Dillenbergs stand bis zum Jahre 1890 der sogenannte Druidenstein.
Er wird erstmals von Johann Bernhard Fischer erwähnt, der über Stinzendorf schreibt: "ein kleiner Weiler, lediglich merkwürdig wegen des ohnfern davon, an der Höhe des Dillenberges, bei der Waldspitze nach Deberndorf, befindlichen Druidensteins."

Über diesen Stein gibt es eine Zeichnung von J. G. Köppel aus dem Jahre 1795.
Der Stein war etwa 4 m hoch und trug oben eine ovale Platte von 7 m Länge und 5 m Breite. Die Platte war muldenartig vertieft, so dass man annahm, sie wäre eine Opferschale gewesen, in der bei Opferhandlungen das Blut der Opfertiere aufgefangen worden sei. Doch läßt sich diese Annahme weder durch Funde noch durch schriftliche Überlieferung bestätigen. Die muldenartige Vertiefung kann durch die natürliche Einwirkung von Wind und Wetter im Lauf der Jahrtausende entstanden sein.

Valentin Fürstenhöfer nimmt an, dass der etwa 150 cbm Gestein enthaltende Felsblock ein Findling gewesen sei, der durch Naturgewalt, etwa durch einen Gletscher, hierhergebracht worden sei. Diese Theorie lässt sich nach dem geologischen Befund nicht halten. Der hochbetagte Maurermeister Simon von Stinzendorf, der den Stein noch kannte und seinen Abbruch erlebte, berichtete, dass sich aus ihm kaum Mauersteine gewinnen ließen. Die Steinschichten, aus denen er bestand, zerbröckelten sofort. Es ist also wahrscheinlicher, dass er ein Vorsprung des hier anstehenden Burgsandsteins war. Rainer Funk, der über den Druidenstein einen Aufsatz verfasst hat, nimmt an, dass der Name Druidenstein zum erstenmal im 18. Jahrhundert aufgetaucht ist.

Im vergangenen Jahrhundert gab eine wissenschaftliche Kommission ein Gutachten ab, in dem es hieß: "Der Druidenstein ist historisch nicht wichtig. Da sich aber Sagen an die Stätte knüpfen, so wäre die Erhaltung wünschenswert, wenn sie ohne große Opfer geschehen könnte."

Trotz dieses Gutachtens ist der Felsblock im Jahre 1890 abgebrochen worden. Der Besitzer der Baufirma soll nachher kein Glück mehr gehabt haben und bald darauf gestorben sein.

Die Quelle am Fuß des einstigen Steines, früher der Druidenbrunnen genannt, ist heute zum großen Teil verschüttet.

Eine interessante Schilderung des Druidensteins in der Goethezeit kann man lesen bei: Johann Gottfried Köppel, Beschreibung einer historisch und statischen Reise durch die fränkischen Fürstenthümer Bayreuth und Ansbach, 1. Band, Erlangen 1795, Seite. 10f.:
"Eine andere Merkwürdigkeit ist der eine Stunde von Cadolzburg an dem Abhang des Dillenbergs gelegene Druidenstein. Er besteht aus einem isolirten Felsen, der von außen mit einer Kruste von eingeschoßenen Salpetereilchen überzogen und ganz weiß ist. Sein Umfang beträgt 88 Schuhe, die Höhe 14,die Oberfläche nach der Länge 17 und nach der Breite im Durchschnitt 15 Schuh. Er soll die Tradition nach vor zeiten den Druiden zu einem Opferaltar gedient haben, und die in demselben horizontal hineinlaufenden Löcher, Schallöcher gewesen ein, welche die Druiden, mittelst lauten Hineinrufens, statt unserer heutigen Sprechröhre gebraucht- und dadurch ihre Orakelsprüche mitgeteilt haben. Die Benennung des unten vorbeifließenden Farrenbaches leitet man von den Farren her, welche hier aufgestellt, und zum Opfern herbeigetrieben wurden. Mit einiger Behutsamkeit kann man mittels eines schneckenförmigen zum denselben laufenden Weges auf seine Oberfläche gelangen. Noch wähnt das getäuschte und abergläubige Volk dieser Gegenden, Hexen (Druden) tanzen zu gewissen Zeiten um und auf demselben, so daß sich daselbe ihm nicht zu nähern, geschweige (um nicht behext zu werden) hinauf zu steigen getraut. Sollte man in unseren aufgeklärten Zeiten nicht darauf denken, Leichtgläubige einmal zu belehren, wer die Druiden (woraus sie Druden und Hexen machen) eigentlich waren."

 

Der Druidenstein
Entnommen aus Keidenzell - ein Heimatbuch

Wohl Tausende von Jahren hat die Natur gespart
und bis zu unsern Tagen ein Denkmal aufbewahrt,
das auf dem Dillenberg in Dorfesnähe stand
und weit und breit nicht seinesgleichen fand.

Hoch war er wohl drei Meter, der runde Block von Stein,
und gut drei Meter mochte denn auch sein Querschnitt sein.

Spiralenförmig führte im enggewundenen Lauf
zur Plattform auf der Kuppe ein schmaler Steig hinauf.

Als Aussichtsturm gewährt er einen weiten Blick,
doch stand vor den Besuchern das Wichtigste zurück;

denn auf den Weg zur Höhe gehauen in den Stein
sah man in rauchgeschwärzte zwei Höhlungen hinein.

Es wußten`s unsere Ahnen von ihren Ahnen her
und alle gaben`s weiter mit sicherer Gewähr,
daß eh der deutsche Süden zum Christentum erwacht,
den Göttern die Druiden hier Opfer dargebracht.

Nicht weit von dieser Stelle, an der der Felsblock lag,
schickt eine klare Quelle ihr Wässerlein zutag.

Sie ist nicht umzubringen als wie das steinern Mal,
und der "Druidenbrunnen" fließt heute noch ins Tal.

Das nah am Quellenende von Steinen gut bewacht
ein Hühnengrab sich fände, hat niemand überdacht.

Als man es dann gesichert, da griff der Staat wohl ein,
doch erst als schon vernichtet war der Druidenstein.

Kulturgut unersetzbar und leider auch verkannt
hat man zum Häuserbauen in einer Stadt verwandt.

So ward die Opferstätte zum Opfer selbst gemacht,
das menschliches Versagen der neuen Zeit gebracht.

Ist mein Klag verklungen und werd ich nicht mehr sein,
wer spricht dann von den Jungen noch vom Druidenstein?

Doch geistern oft Druiden bei Nacht am Berg umher.
Am Stein wär für sie Frieden. Sie finden ihn nicht mehr!

Hans Eberlein war in Stinzendorf geboren und verließ es in früher Jugend. In München im Ruhestand schrieb er in hohem Alter 1956 an Pfarrer Hiller: "Am 21. März bin ich nun ins 80. Lebensjahr eingetreten und wenn mich kurz oder lang der Herrgott abrufen läßt, denn wandern auch meine Heimarbeiten ins Feuer und davon möchte ich gerade den "Druidenstein" ausnehmen, auf dem ich als Bub mindestens einmal wöchentlich gestanden habe, sofern das Wetter den Waldbesuch erlaubte."

 

Der Dillenberg

Der Dillenberg mit seiner höchsten Erhebung und der weiten Waldfläche seines Nordabhanges gehört zur Gemarkung Keidenzell. Ein solcher Berg ist nicht nur landwirtschaftlich reizvoll, sondern bietet durch seinen reichen Waldbestand auch eine gute Erwerbsquelle für die Bevölkerung sowie viele Geheimnisse aus alter und neuer Zeit.

  

 

 

 

Die Hochstraße

Über den Höhenrücken des Dillenbergs verläuft von Cadolzburg her Richtung Westen die alte Hochstraße. Sie gehört zu den Wegen, die schon in vorgeschichtlicher Zeit entstanden sind, im Mittelalter oft als Heerstraßen benutzt wurden und sich bis in die Neuzeit als Wald- und Grenzwege erhalten haben. Es ist eine bekannte Tatsache, dass sich in der Nähe solcher vorgeschichtlicher Wege häufig Hügelgräber befinden. so liegt auch das große Hügelgrab auf dem Dillenberg, das ein Alter von ungefähr 2400 Jahren hat, etwa hundert Meter nördlich der Hochstraße.

 

 

Die oströmische Münze

In Stinzendorf geht die Sage, dass hier einmal ein deutscher König mit einem Kreuzfahrerheer gelagert habe. Diese Sage bekommt fast eine Stütze durch einen Fund, der im Jahre 1951 auf dem Dillenberg bei Stinzendorf gemacht wurde.

Im Herbst 1951 kam der sudetendeutsche Flüchtling Longin zu Pfarrer Hiller in Langenzenn und sagte, er möchte ihm etwas zeigen, was er beim Pilzsammeln auf dem Dillenberg gefunden hatte. Er zeigte eine alte Bronzemünze etwa von der Größe eines Zweimarkstücks, deren Bild und Aufschrift nur undeutlich erkannt werden konnte, weil sie mit einem Überzug aus Kieselsäure bedeckt war. Der Finder meinte, auf der Münze wäre so etwas wie ein Bild eines römischen Kaisers. Pfarrer Hiller konnte einige griechische Buchstaben entdecken und fragte, wo die Münze gefunden worden sei. Longin erzählte, er habe Pilze gesucht an dem Abhang südlich des Weges, der von Stinzendorf auf die Höhe führt. Dort habe die Moosdecke unter seinem Schuh nachgegeben, und die Münze sei vor ihm gelegen. Die Münze trägt auf der Vorderseite das Brustbild des oströmischen Kaisers Theophilus, der 829-842 in Konstantinopel regierte, und auf der Rückseite die Worte"THEOPHILE AUGUSTE SV NICAS", zu deutsch: O Theophilus Augustus, mögest du siegen!.

Die Münze ist in den Besitz des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg übergegangen und befindet sich dort in der prähistorischen Abteilung. Da sie in der Nähe der alten Hochstraße gefunden wurde, darf angenommen werden, dass sie von einem Trupp heimkehrender Kreuzfahrer, der von Cadolzburg nach Westen zog, bei einer Rast verloren wurde.

 

 

Der große Münzfund

Ein bedeutsamer Fund wurde auf dem Dillenberg im Winter 1883/84 gemacht. Es handelt sich um Nürnberger, Bamberger, Würzburger, Böhmische und andere Münzen. Auch Silberpfennige aus den Münzstätten Langenzenn und Neustadt an der Aisch befanden sich dabei.
Wahrscheindlich wurde der Schatz in einem der Marktgrafenkriege - 1449 oder 1460 - vergraben. Der Besitzer war gestorben, und der Schatz wurde vergessen, bis er nach Jahrhunderten zufällig entdeckt wurde.

 

 

Der Fuchsbau

Geradezu ein Naturdenkmal ist ein ausgedehnter Fuchsbau, der sich am Nordhang des Berges östlich des Reichenbacher Weges befindet. Zwischen Felsbrocken gehen die Gänge in die Tiefe. Es ist eine unterirdische Burg, die sich die Füchse hier angelegt haben. Das Alter dieses Baus läßt sich nicht bestimmen; aber schon viele hundert Jahre mögen die schlauen Räuber hier ihre Heimstätte haben.